Unsere Crew umfasst 5 Personen, 4 Männer und ich. Gemeinsam wollen wir ein schönes Segelabenteuer erleben und die Strecke von Cuxhaven über Helgoland nach Stavoren im Ijsselmeer mit unserer Charteryacht Antares sicher bewältigen. Skipper und Co-Skipper haben zum Glück viel Erfahrung in unterschiedlichen Gewässern, wir anderen haben nach unserem SKS schon einige Seemeilen zurückgelegt, waren aber nur zum Teil schon selber als Skipper unterwegs. Ein bisschen Abenteuerlust und Mut gehört natürlich auch zu solch einer Reise.
Es ist 4.30 Uhr, der Wind hat unsere Dufour 39 die ganze Nacht mit ca. 8 Beaufort gegen den Steg gedrückt. Ich liege in dicker Skiunterwäsche, Pullover und mit dicken Socken unter einer zweifachen Decke in meiner Einzelkabine. Ich habe super geschlafen, wie immer auf einem Segelboot. Die Wellen schaukeln einen hin und her und das Geräusch der Wellen wirkt auf mich sehr beruhigend. Ich bin heilfroh, dass schon Ende September ist und wir nicht im Päckchen am wackeligen Schwimmsteg von Helgoland liegen, sondern direkt am Steg festgemacht sind und auch dass unser Co-Skipper nachts die Sicherheit des Schiffes am Steg kontrolliert hat. Unter der Tür dringt Kaffeeduft hindurch. Unser Skipper Manni ist Frühaufsteher, ich freue mich auf den Tag und werde jetzt auch aufstehen, wir wollen um 6.00 Uhr auslaufen. Hoffentlich werde ich nicht seekrank, vorgestern hat mich ein Kaugummi gerettet, das wird sicherlich auch heute klappen.
Wir laufen in der Dunkelheit aus dem geschützten Hafen von Helgoland aus. Die Welle auf der Nordsee ist ziemlich hoch, dennoch strahlen Skipper und Co Skipper eine gewisse Gelassenheit aus. Ich orientiere mich daran. Unter Motor steuern wir durch die bewegte See gen Süden. Ich nehme meinen ersten Kaugummi gegen Seekrankheit und schließe noch einmal die Augen, während unser Crewmitglied Michael uns gekonnt durch die Wellen steuert.
In der Ferne taucht die Tiefwasserreede Elbe Approach auf. Wie Hochhäuser ragen die riesigen Containerschiffe aus dem Meer. Die hinteren sehen irgendwie größer aus. Es macht den Eindruck, als könne der Wind und die Wellen diesen riesigen Giganten nichts anhaben. Friedlich und unbeeindruckt liegen sie vor Anker.
Kurz nach der Reede setzen wir die Segel, mittlerweile stehe ich am Steuer. Die Sonne ist aufgegangen. Das leichte Gefühl von Übelkeit ist verschwunden und ich fühle mich topfit. Ich konzentriere mich und stelle den Bug in den Wind. Ich lasse mich nicht von den 5 Beaufort. Wind und der 3 m Welle beeindrucken. Die Crew mach den Rest. Segel hoch – das geht ganz leicht - abfallen - da kommt die Erste Bö und wir schießen in den Wind. Das ist aber nicht weiter schlimm und in einem Team aus erfahrenen Seglern haben wir schnell das 1. Reff eingezogen. Jetzt geht es viel besser und wir haben bald den richtigen Segeltrimm gefunden. Mit 8,5 Knoten surfen wir raumschots die Wellenberge hoch und runter. Das ist ein Riesenspaß, ein breites Grinsen macht sich auf allen Gesichtern breit. Dieses Gefühl ist unbeschreiblich schön. Das wird sicherlich keiner von uns vergessen. Den Rest des Tages genießen wir in vollen Zügen, Wind und Wellen werden etwas weniger, wir kreuzen 2 Verkehrstrennungsgebiete und staunen über die für uns neue schöne Welt.
Abends steht uns nochmal eine kleine Herausforderung bevor, die Ansteuerung Dovetief von Norderney. Wir müssen unbedingt im Fahrwasser bleiben, weil rechts und links von uns Grundseen liegen. Die Tonnen liegen weit auseinander und es bedarf einer guten Zusammenarbeit zwischen Steuermann und Crew damit unmittelbar nach passieren einer Tonne wieder der richtige Kurs auf die nächste Tonne gefunden wird. Aber wir sind ja jetzt schon zu einer guten Crew zusammengewachsen und so meistern wir auch diese Herausforderung. Die Wellen brechen in Lee und Luv von uns, einige versetzen uns einige Meter seitwärts. Alles kein Problem. Bislang konnte ich mir nie so richtig vorstellen was Grund- und Kreuzseen eigentlich sind. Vor Norderney braucht man keine weiteren Erklärungen. Und so sind wir dann doch irgendwann froh den anstrengenden und wunderschönen Segeltag gemeistert zu haben und sicher im Hafen von Norderney zu liegen.
Früh aufstehen hat uns auf der Reise oft begleitet, in Gezeitengewässern hat man meist keine andere Wahl. Wir wollen heute viel Strecke machen und mindestens bis Vlieland kommen. Im ersten Morgengrauen laufen wir eine Stunde vor Niedrigwasser aus. Ein laues Lüftchen von 2 Beaufort und ruhige See begleiten uns und so wagen wir es das enge Fahrwasser Schluchter von Norderney direkt nach Westen zu befahren. Damit sparen wir 2 Stunden Fahrtzeit. Rechts und links sehen wir die Grundseen, aber in langsamer Fahrt unter Motor passieren wir diese ohne in Gefahr zu geraten. Hinter uns geht die Sonne über Norderney auf. Für diesen Anblick hat sich das Aufstehen gelohnt. Tagsüber fahren wir meist unter Motor, der Wind macht Pause. Jetzt ist Zeit für essen, trinken, reden, dösen, schlafen und auch für eine Runde Doppelkopf. Vlieland werden wir gegen 22.00 Uhr erreichen, wir entscheiden uns jedoch, aufgrund der guten Strömungsverhältnisse, direkt bis Harlingen zu fahren. Die Wachen werden eingeteilt unsere erste Nachtfahrt steht uns bevor.
Ich brauche einige Zeit um mich an die Dunkelheit zu gewöhnen. Wir steuern auf die Ansteuerungstonne des Fahrwassers Zuider Stortermelk zu. Je mehr man abkürzen will, umso höher die Gefahr von Grundseen. Aber das Meer liegt heute sehr ruhig vor uns. Dann hangeln wir uns in der Dunkelheit von Tonne zu Tonne und folgen dem Fahrwasser Blaue Slenk bis Harlingen. Im Dunklen sieht man bei klarer Sicht die Leuchttonnen sehr gut, es ist aber nicht immer einfach genau das nächste Paar zu identifizieren. Abkürzen kann im Wattenmeer sehr gefährlich sein, es ist gut das wir es nicht versuchen. Mindestens einer muss navigieren und Ausschau halten und einer steuern. Der Strom schiebt uns mit 2,5 Knoten und so fliegen wir nach Harlingen mit bis zu 8,5 Knoten Fahrt. Die Nacht vergeht ebenfalls wie im Fluge, weil wir bei entgegenkommenden Schiffen und abzweigenden Fahrwassern immer genau aufpassen müssen und kaum Zeit haben müde zu werden. Als wir um 01.30 in Harlingen anlegen sind wir alle sehr aufgekratzt und euphorisch. Erst gegen 4.00 Uhr kommen wir zur Ruhe und gehen schlafen.
Ich selber würde mich eigentlich noch als einen Segelneuling betrachten. Ich habe 2019 meinen SBF-Binnen und 2021 meinen SBF-SEE und SKS gemacht. Neben einem Hafenmanövertraining war ich dieses Jahr 2 Wochen auf der „Leya“ unterwegs, einmal als Co-Skipperin und einmal mit meiner Familie als Skipperin im Ijsselmeer. Dieser Törn auf der Nordsee hat mir aber einen regelrechten Schub an Wissen, Sicherheit und Motivation verliehen, ich habe sehr viel gelernt und konnte die ganze Theorie des SKS anwenden und erleben. Wir haben sogar die Tonne Süderpiep und die Heultonne Helgoland Ost passiert und unsere Hafenmanöver und Rettungsmanöver perfektioniert.
Ich bin sehr froh, dass der Verein dieses Format anbietet und dass ich die Möglichkeit hatte teilzunehmen. Ich hoffe auf viele ähnliche Gelegenheiten in naher Zukunft. Ganz besonders möchte ich danke sagen, an meinen Skipper Manni und meinen Co-Skipper Ludwig für viel Geduld, Kompetenz und außerordentlichen Einsatz, an meine Crewmitglieder Michael und Andreas für wahre Kameradschaft und Unterstützung an Board und an alle, die dieses schöne Ereignis im Hintergrund geplant, organisiert und ermöglicht haben. Das Einzige was mir manchmal gefehlt hat war eine zweite Frau an Bord, aber das kann (und muss) sich bei zukünftigen Törns ändern😊!
Es war ein tolles Abenteuer!!!
Angelika Bannenberg
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